Afrikanisches Bauwerk

Frage: Haben Sie sich während ihres beruflichen Werdegangs schon oft mit Kirchbauten befasst?
Kahl: Nur insofern, dass mich meine Gemeinde St. Peter und Paul hin und wieder gebeten hat, das eine oder andere in sakralen Gebäuden mitzugestalten.
Frage: Wie sind Sie denn zu diesem Kirchbau in Tansania gekommen?
Kahl: Vor etlichen Jahren hat unser damaliger Pfarrer Simon eine kleine Gruppe gebeten, sich ein Projekt am Fuße des Kilimandscharo anzusehen. Es ging dabei um eine medizinische Einrichtung der Heilig Geist Schwestern, die auch in Mammolshain wirken.
Wegen der Einfachheit, der Wirkung und der Menschlichkeit hat uns das alles sehr gut gefallen. Zwei Jahre später war ich noch einmal dort, und zwar mit einer Gruppe Vätern und ihren Töchtern und Söhnen, die gerade Abitur gemacht hatten. Sie sollten auch mal zur Entscheidungsfindung über den europäischen Tellerrand schauen. Bei diesem Besuch fragte mich de Oberin nach Ideen für eine neue Kirche.
Frage: Zurück in Deutschland haben Sie dann Pläne entworfen...
Kahl: Richtig. Ich habe mich bei hiesigen Schwestern über Besonderheiten am Kilimandscharo, die es bautechnisch zu beachten gilt, kundig gemacht: Wasser, Aggressivität, Baumaterialien. Zusammen mit meinem Sohn, der ebenfalls Architektur studiert, haben wir verschiedene Ideen entwickelt. Es sollte ein Gebäude entstehen, das die afrikanischen Bedürfnisse berücksichtigt. Die äußere Form lehnt sich an runde Massai-Hütten an. Pläne, Skizzen und Modelle wurden nach Tansania geschickt. Danach war erst einmal ein Stopp.
Frage: Gab es Verständigungsprobleme?
Kahl: Wir haben erst einmal alles in Deutsch verfasst. In der Planungssprache geht es aber weniger um das Verbale, sondern mehr um Zeichnungen. In Afrika rechnet man jedoch in Inch und nicht wie hier in Meter und Zentimeter. Aber auch da gibt es entsprechende Computerprogramme, die das umrechnen. Dieses Kirchbauprojekt konnte aber nur funktionieren, wenn auch die Statik stimmt. Die haben Freunde von mir überarbeitet.
Frage: Aber wie läuft es mit der Realisierung vor Ort?
Kahl: Zuvor musste noch die Finanzierung geklärt werden. Dafür wollte ich einen ersten "Baustein" liefern, indem ich zu meinem 50. Geburtstag statt üblicher Geschenke um Geldspenden für die Kirche bat. Es kam eine erstaunliche Summe zusammen, mit der der Rohbau begonnen wurde. Etwa ein halbes Jahr später wurde ich gebeten, doch mal runterzufliegen. Das tat ich auch mit einer kleinen Gruppe junger Leute verschiedener Fachrichtungen. Vor Ort stellten wir dann schon einige Fehler fest, die sich eingeschlichen hatten, sich aber dank der Ãœbersetzung der Schwestern in die Muttersprache der Bauarbeiter, Kisuaheli, rasch beseitigen ließen. Relativ schnell entstand dann schon während unserer Anwesenheit ein Bauwerk, das uns überrascht hat.
Frage: Wie sieht es heute aus?
Kahl: Die Kirche steht jetzt in etwa sieben bis acht Metern bis zur Traufe. Nun muss der Dachstuhl mit einer frei tragenden Spannweite von über 30 Metern und zusätzlich fünf Metern Auskragung errichtet werden. Dabei gibt es noch finanzielle und technische Probleme. So fehlt ein Kran. Also, das Projekt, das nicht nur als Gebetsstätte, sondern multifunktional unter anderem als Energiereservoir genutzt werden kann, ist noch nicht fertig. Anders als bei uns in Deutschland entsteht nicht innerhalb weniger Monate ein Prachtbau. Hier wächst, angekurbelt von den Afrikanern mit der Bitte "Helft uns!", ein tolles afrikanisches Projekt: eine Synthese afrikanischen Bauhandwerks mit dem ehrenamtlichen Engagement junger Leute aus Deutschland.

zurück