Reisetagebuch Tansania - 25. März bis 4. April 2013 - Renate Hug

Montag / Dienstag, 25./26. März 2013

Jambo, jambo,
wir sind in Tansania gelandet! Endlich auf afrikanischem Boden, empfangen von angenehm milden Temperaturen und einer köstlich duftenden Blumenrabatte vor dem Zugang zum Kilimandscharo-Flughafengebäude. Welch ein Genuss nach bitterer Kälte (+2°) und steifem Nordostwind, der uns gestern Abend in Frankfurt verabschiedete!



Das Afrika-Erlebnis kann beginnen: Wir sind alle gut eingedeckt mit Malariaprophylaxe, Immodium und zusätzlichen Whiskeyvorräten vom Duty-Free-Shop in Frankfurt, damit auch die Innereien nicht revoltieren ob der eventuell zu erwartenden Strapazen.

Der Nachtflug war so angenehm wie er nur sein kann, der Zwischenstopp in Addis Ababa kurzweilig (alter Flughafen), denn Max bewies gleich mal seine Qualitäten als Organisator von exzellentem äthiopischen Kaffee, und an Gesprächsstoff mangelte es uns schon hier nicht, wie übrigens auf der ganzen weiteren Reise nicht. Die „alten Afrika-Hasen“ mögen zwar die tollen Shops des neuen Flughafens vermisst haben. Aber egal - uns geht’s gut.

Auf dem Weiterflug in den ersten tansanischen Morgen bin ich überrascht von der satt grünen, bergigen, von Wäldern und Seen durchzogenen Landschaft unter mir. Es ist Regenzeit. Die Wolkenfetzen, die mir zwischendurch die Sicht versperren, geben mir Gelegenheit, Johanna nach Status und Engagement der Mammolshainer zu befragen. Sie weiht mich bereitwillig ein in das komplizierte Konstrukt vom Orden „Opus Spiritus Sancti“ und dem Säkularinstitut. Ich lerne: die Zwei sind nicht Eins, trotz Namensähnlichkeit, obwohl beide ansässig in Mammolshain mit einem Schwerpunkt ihrer Arbeit in Tansania.

Das Erlebnis „Afrika“ muss noch erkauft werden durch Ausfüllen komplizierter Formulare. Meine bereit gehaltenen 50 Dollar Visumsgebühr verschwinden so schnell, dass ich gar nicht nachkomme, aber: am Ende prangt von mir ein „umwerfendes“ Foto im seitengroßen Visum in meinem Pass. Im Gegensatz zu einigen anderen will man von mir keinen Fingerabdruck. Warum?

Draußen erwarten uns zur herzlichen Begrüßung drei Schwestern und ein kleiner Bus mit Fahrer. Jumbo, jumbo, Küsschen rechts, Küsschen links, dazu herzliche Umarmungen und Lachen.

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Als die letzten unserer neunköpfigen Gruppe endlich alles Gepäck beieinander haben und zu uns stoßen, fragen wir uns: und das soll alles in den kleinen Bus passen? Dumme Frage: natürlich passt es! Eben afrikanisch gequetscht, gestapelt, Tür zu, damit keiner und nichts rausfallen kann. Johanna und Gudrun werden außerdem von „Himo“ abgeholt, wo sie das große Fest für die Einweihung des Schwesternneubaus vorbereiten wollen.

Die ersten Kilometer auf tansanischem Boden rollen wir im Linksverkehr über geteerte Straßen, sehen die ersten stolzen Massais und viele Frauen – aber (siehe da!) auch einige Männer - mit Hacke bei der Feldarbeit. Margarita kann ihre sängerische Hälfte nicht verleugnen und beginnt zu singen: „Im Märzen die Frauen, die Hacke raus …“, na, wie jetzt? - Gar nicht: wir sind in Afrika, wo wir keine Rösslein erleben werden! Dann biegen wir nach einer guten Stunde ab auf eine Buschpiste und landen im Reich der Schwestern von Sanya Yuu. Die Feldarbeit beansprucht alle helfenden Hände, also stimmen unsere drei Abholerinnen alleine freudig das Begrüßungslied für uns an. Besonders die hohen Triller beeindrucken.

Im Amani-Haus sind unsere Zimmer gerichtet: Je zwei von uns teilen sich eine Einheit mit von zwei großen Zimmern und gemeinsamer Nasszelle, gekennzeichnet mit zwei Namen, wie alles von Max Entworfene, eine Symbiose aus Afrika und Deutschland.



Viel Zeit zum Ausspannen bleibt nicht, denn die Küchenschwestern haben im Versammlungsraum das erste Essen für uns bereitgestellt: Suppe, Reis, Kochbananen, Pommes, Hühnchen, Gemüse, köstliche Soße und ein herrlicher Obstsalat. So ähnlich sieht jedes warme Menu aus. Wir genießen es jedes Mal bis zum Ende unseres Aufenthaltes. Zwei Schwestern essen mit uns, und wir stimmen den ersten Gebetskanon an. Siehe da, es klappt. Aber, um es gleich mal festzuhalten, wir können und werden uns noch steigern. Margarita hat alles fest im Griff.

Zwischen Auspacken und Abendbrot macht Max mit den noch dazu Fähigen einen ersten Rundgang durch alles, was zum engeren Bereich des Amani-Hauses gehört: Gemüsegarten, (Die Kirche sparen wir uns für später), Schwesternwohnbereiche, Bauernhof, Schwesternküche, hausnahe Ananas-, Bananen- und Papayaplantage. Max lebt ganz in der rd. 20-jährigen Baugeschichte dieser Missionsstation, die er wie man deutlich merkt mit viel Herzblut gestaltet und erlebt hat. Er ist zu Recht stolz auf die gelungene Symbiose aus Afrika und Deutschland, wenn es ihm auch immer wieder aufstößt, dass die deutsche Mentalität in gewissen Dingen nicht in die afrikanischen Schwestern zu implantieren ist. Z.B. die Küche: trotz Biogas (aus eigenen Maisabfällen), normalem Gas, Elektrizität und gemauertem Herd mit Holzheizung und moderner Küchenzeile (also einer für alle Eventualitäten afrikanischer Realität ausgerüsteten Küche) lagern die Schwestern ihre Lebensmittel (wie gewohnt) auf der Erde oder kochen für 3-stellige Besucherzahlen die Mahlzeiten im Freien auf offenem Feuern am Boden. Schließlich brechen wir erschöpft unseren ersten Rundgang ab, um uns zu Whiskey und Plausch im sogen. „Bananenhaus“, einem gemütlichen, arabisch angehauchten Häuschen mit Strohdach – Max’ jüngstes bauliches Objekt - niederzulassen.

Zuvor, beim Holen unserer Getränke, tönt ein begeisterter Ruf durchs Haus: “Der Kili ist offen!!!“ Wir bestaunen ihn erstmals.



Nach einem guten Abendessen holen wir die leitenden Schwestern zu „unserer Bescherung“, für die wir all unsere Mitbringsel gemeinsam ausgebreitet haben. Die Freude ist groß, vor allem als die Osterkerze ausgepackt wird. Da stimmen die Schwestern spontan ein Jubellied an. Toll!!!

Nach ruhigem Schwatz auf einer der schönen eingezogenen Terrassen des Amani-Hauses begebe ich mich müde, satt und voll gepumpt mit Eindrücken in mein Zimmer und nehme den Kampf mit dem Moskitonetz auf: Wo sind die Ecken? Unter die Matratze gestopft. Dazwischen ist der Stoff zu kurz. Also, alles wieder raus, von vorne beginnen. Geschafft!! Aber zu doof, ich stehe draußen! Also hebe ich den Stoff an und krieche hinein. Zu dumm, ich bin zwar drin, das Netz aber ist nicht mehr mückendicht geschlossen. An die Arbeit, alles wieder dicht machen! Ich schwitze und schnaufe vor lauter gymnastischer Anstrengung, die das erfordert. Endlich fertig!

Erschöpft lege ich mich lang - nur um festzustellen, dass sinnvollerweise Handy und Taschenlampe für die nie auszuschließenden Stromausfälle neben meinem Kopfkissen platziert sein sollten. Also wieder raus! Der Kampf gegen das Moskitonetz beginnt erneut, aber - Gottlob – nicht von vorne. Ich habe dazugelernt.

Gute Nacht – hier ist vieles fremd, aber ich bin in einer wunderbaren anderen Welt!


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