Farmgründung

Die Geschichte der Farm
Frau Elfriede Angebrand, Tochter des Farmgründers Karl Heinrich Brühl, erzählt


Etwa um das Jahr 1890 war die Aufteilung Ostafrikas unter den europäischen Mächten abgeschlossen. Die deutsche Kolonie erhielt den Namen "Deutschostafrika". Sie umfasste den größten Teil des späteren Tanganyika Territory. Sitz der Zentralverwaltung war Dar es Salaam. Zur Erschließung des Landes begann man mit dem Bau von Eisenbahnen. Für den Aufbau der Verwaltung brauchte man ausgebildetes Personal. Mein Vater, Karl Heinrich Brühl, ein Tischlermeister aus Rheinhessen, war von 1904 an als Werkmeister bei der Bauverwaltung des Kaiserlichen Gouvernements in Dar es Salaam angestellt. 1910 folgte ihm meine Mutter, Katharina Curschmann.

Sie heirateten in Dar es Salaam. Während des 2. Weltkrieges kamen die deutschen Männer in Kriegsgefangenschaft und in ein Lager in Ägypten. Die Frauen und Kinder wurden in Dar es Salaam konzentriert. Nach Kriegsende erteilte der Völkerbund Großbritannien das Mandat über die Kolonie, die nunmehr Tanganyika Territory hieß. 1919 wurden die deutschen Frauen und Kinder und 1920 die Kriegsgefangenen Männer nach Deutschland verbracht. Als eine Einwanderung für Deutsche wieder möglich wurde, erwarben meine Eltern 1928 von Mr. Pienaar Land in Sanya Juu . Das Gebiet lag zwischen dem Kilimanjaro und dem Meru. Das Klima galt als gesund, es gab nur wenig Malaria. Der dichte Busch war nur von wenigen, vereinzelt liegenden Farmen durchsetzt. Wir nannten unsere Shamba mit ihrem Massainamen "Sikkirari".



Nach einer vierwöchigen Schiffsreise bestiegen wir in Tanga die Usambarabahn und fuhren in 24 Stunden nach Moshi, von dort weiter per LKW in unser neues Zuhause. Dieses bestand vorerst aus einem Zelt zum Schlafen und einer aus gebündeltem Gras errichteten "Banda" zum Wohnen. Dazu gehörte ein kleines Küchenhaus mit gemauertem Herd.

Im ersten Jahr wurde die Zeit für die Suche nach Arbeitskräften, die Urbarmachung von 100 ha Boden, das Bohren von Brunnen, die erste Aussaat und das Errichten eines Viehstalles benötigt. Die Arbeiter kamen überwiegend als Wanderarbeiter aus der Gegend von Tabora und anderen Orten an der Mittellandbahn. Später holten einige von ihnen ihre Frauen nach, bearbeiteten ein kleines Feld um ihre Hütten und blieben bei uns. In späteren Jahren kamen mit dem Kaffeeanbau vertraute Männer aus der nächsten Umgebung dazu.



Es blieb wenig Zeit für den Bau eines "Udongo"-Hauses auf dem auch jetzt bebauten Hügel. Die Regenzeit kam früher als erwartet und setzte Zelt und Banda unter Wasser. So zogen wir in das halbfertige Haus und begannen mit der Anfertigung der nötigsten Einrichtungsgegenstände aus vorbereiteten Transportkisten, dem Holz der Petrolkisten und den darin enthaltenen 5-Gallonen-Kanistern aus Blech. Unseren Garten legten wir trotz der Warnung des Massai-Chiefs in der Senke unterhalb des Hauses an, wo er prompt in der nächsten Regenzeit ertrank.

Wir erwarben drei Milchkühe und Ochsen als Zugtiere für Pflug und Wagen. Zwischen uns und der Massaisteppe wohnte die Familie Krantz ("Karantzi"). Weitläufigere "Nachbarn" waren einige deutsche Familien am Ngare Nairobi, u.a. auch die Familie Trappe, die den Grundstock für den Momella Nationalpark legte. Am Ngare Nanyuki und Oldonje Sambu gab es einige burische Farmer. Mit unseren Massai-Nachbarn bewährte sich eine Ãœbereinkunft auf der Basis Wasserholen gegen Unterlassung von Diebstahl und feindseligen Handlungen". Da es nur einen englischen Arzt in Kibongoto und sonst keine ärztliche Versorgung gab, pflegten sie meine Mutter nach Brand- oder anderen Verletzungen zur Hilfe zu holen.

Die ersten 6000 Kaffeebäumchen waren ausgepflanzt. Als sie anfingen Frucht zu tragen, steckten wir mitten in der Weltwirtschaftskrise und der Kaffeemarkt brach zusammen. Die großen Kaffeeplantagen der Gesellschaften auf der roten Kilimanjaro-Erde mit ausreichend Süßwasser hatten eine größere Chance die Durststrecke zu überstehen, als die so genannten "Sanyabauern" auf der schwarzen Meru-Erde, von denen einige aufgeben mussten. Wir versuchten es mit einjährigen Kulturen wie Mais, Bohnen und Kartoffeln. Weizen gedieh bei uns nicht, weil der Busch die Getreidekrankheiten übertrug. Wir konnten ihn jedoch gegen Kartoffeln vom Ngare Nairobi eintauschen.



Als die Heuschrecken kamen wurde der Tag zur Nacht. Sie hinterließen außer dem Laub der Kaffeebäume kein grünes Blatt. Glücklicherweise gab es damals in der Massaisteppe noch reichlich Antilopen, so dass der Fleischbedarf für die Arbeiter notdürftig gedeckt werden konnte. Mein Vater erhielt ab und zu einen Auftrag für die Tischlerei, aber niemand gab überflüssiges Geld aus. Meine Mutter zog Hühner und Enten auf. Die Hühner fielen der Geflügelcholera zum Opfer. Sie stellte verschiedene Wurstsorten und Schinken her, erzielte damit mehrere 1. Preise auf der Landwirtschaftsausstellung und erhielt Aufträge zur Belieferung von Hotels in Moshi. In der Regenzeit war jedoch die Verbindung nach Moshi oft völlig abgebrochen, weil die Straße von meterdicken Rinnen durchzogen und gesperrt war.

Es war in dieser Zeit auch schwierig, notwendige Behördengänge zu erledigen und Banken und Post aufzusuchen. Die Lage besserte sich erst, als Mitte der 30er Jahre ein fester Kaffeepreis und die Abnahme der Ernte durch das Deutsche Reich garantiert wurden. Jetzt kamen auch einige neue Pflanzer und kauften sich im so genannten Nashornbusch an. In Majame gab es ein Evangelisches Missionskrankenhaus und eine Zahnärztin, schließlich sogar in Sanya Juu eine Krankenschwester und Hebamme. In Mweka wurde eine Deutsche Schule am Kilimanjaro gebaut. Aus unserem Udongo-Haus wurde ein Steinhaus mit festem Zementfußboden.

Meine Mutter musste 1936-37 allein zurecht kommen, da mein Vater schwer an Maltafieber erkrankt war und nach Deutschland gebracht werden musste. Er wurde die Krankheit nie mehr völlig los. Bei Ausbruch des 2. Weltkrieges am 3.9.1939 wurden die deutschen Männer interniert und über mehrere Zwischenlager nach Südafrika verbracht, die Frauen und Kinder nach Simbabwe. Einige Familien kamen während des Krieges nach Deutschland, im Austausch gegen britische Internierte in Deutschland. Die Mehrzahl wurde im Sommer 1947 repatriiert.

Das Farmhaus in Sanja Yuu 1971