Alles in Tansania ist intensiv!... eine authentische Begegnung

Donnerstag, den 9. April 2009
Morgens ein früher Aufbruch, nachdem wir uns alle erfolgreich in den Bus gequetscht haben, wir fahren nach Himo Dorthin sind Johanna und Anna schon vorausgeeilt. Grundsteinlegung und Richtfest der kleinen Magnifikat-Kapelle werden zu einem großen Fest. Max hat geplant und ist die Gelassenheit selbst, Johanna hat den Programmablauf und ist ein wenig nervös.



Ähnlich wie bei Schuleinweihungen in Guatemala sitzt schon alles, als wir endlich eintreffen, und erwartet uns, schön aufgereiht unter einem Zeltdach auf dem Rasen vor der Paul-Albert-Simon-Schule, hinten die bunt gekleideten Mütter der Schulbetreuung, davor auf Ministühlen niedliche kleine Schulkinder mit Lehrerinnen: Schwarze glänzende Augen, kurzgeschorene Haare, rotweißkarierte Schulkleider und dunkelrote Shorts zum Reinwachsen und ebensolche Pullis. Eine Gruppe von jungen Massai-Kriegern hat sich an der anderen Seite des Gebäudes versammelt und setzt sich erst später ins Zelt. Teenager üben noch einen Tanz wie Hip-Hop. Laute afrikanische Musik übertönt alles. Wir werden herzlich von den Säkularschwestern begrüßt (6 wohnen in Himo), mit Getränken und Imbiss versorgt, auf Stühle en face der schwarzen Versammlung aufgereiht. Eigentlich sollen wir essen, eigentlich will uns Max erst alles zeigen. Eigentlich ist es ganz schön heiß für uns, weil wir etliche hundert Meter tiefer sind. Die süßen Schulkinder dürfen währenddessen wieder in einen Klassenraum in den Schatten; 70 Kinder sitzen brav in einem Zimmer und bekommen etwas zu trinken. Sie sind wirklich leise und werden liebevoll betreut. Evelyn, die hübsche Lehrerin strahlt eine große Ruhe aus, während die zweite Lehrerin sich still um einzelne Kinder kümmert. Im Nachbarraum wird für uns ein Getränk ausgeteilt, in großen Plastikpötten, das berühmte aus Hirse hergestellte Bananabier. Unterwegs sahen wir häufig das zur Herstellung notwendige "millet" auf großen Planen auf den Plätzen zwischen den Hütten und der Straße ausgebreitet. Es, das Bananenbier, schmeckt ziemlich gewöhnungsbedürftig, soll sich auch nicht lange halten. Bei mir würde es allerdings sehr alt werden, deshalb schenke ich meinen knallroten Becher mit Inhalt Max, der mutig trinkt.

Margarita findet die Massai als neue Fangroup für ihre Homepage sehr attraktiv. Sie stellt sich fotogen in Positur und singt tonlos ein Ave verum. Da die Massai friedlich sitzenbleiben, wagen wir uns mit der Kamera näher heran, so weit, bis Margarita zum Schluss, inzwischen mit Gitarre, in ihrer farbenfrohen Mitte prangt. Welch ein Anblick! Africa is magic.

Wir besichtigen kurz den Rohbau der Kirche, ein kleiner Ableger der großen Magnifikat- Kirche in Sanya Juu, mit sehr abenteuerlichem Gerüst und fröhlichen Arbeitern.

Die Schwestern haben auch Landwirtschaft; es gibt Ziegen, Hühner und Hasen, Kühe und Hunde. Ein großer Maisspeicher steht im Hof, der halbe Kuhstall quillt von Maisstroh über.

Fritz inspiziert zusammen mit Johanna die Wasserpumpe im Garten und die Zisterne. Achim meint, wir könnten die Leute nicht länger warten lassen und müssten endlich mit dem Fest beginnen. Aber da scheint er der einzige mit dieser Meinung zu sein, denn Zeit haben hier alle. Und ein großes Fest wird nicht alle Tage gefeiert. Die Kinder sitzen nun seit mehr als 3 Stunden still. Nach und nach füllen sich unsere zwei Reihen von Plastikstühlen. Johanna, die afrikanische Leiterin, eröffnet mit Mikro die Feier. Max wird herzlich begrüßt und beklatscht. Die Schulkinder haben endlich ihren Auftritt. Im Rhythmus stampfend und singend ziehen sieben niedliche Kinder von dem Schulgebäude aus auf den Rasen, reihen sich vor uns auf und singen in Englisch und tanzen und lächeln. Besonders rührend ist, als jedes Einzelne erklärt, wie wichtig ihm die Erziehung ist: Wenn ich morgens aufgestanden bin, dann laufe ich mit meinem leeren Magen zur Schule, denn ich möchte etwas lernen. Wenn ich morgens müde bin und mein Vater sagt, es gibt keinen Bus, dann laufe ich zur Schule, because I love my education. Die Kinder überzeugten durch Ihre mühevolle Sorgfalt und ihren Ernst. Und dann stampften sie wieder im Rhythmus mit Kisuaheligesang zurück in den Schatten. Es war heiß, wir saßen artig wie die Hühner auf der Stange auf unseren Plätzen. Das Programm ging weiter.

Die Schulkinder standen auf und klatschten zur Begrüßungsrede von Schwester Johanna: 24 Mädchen und 19 Jungen im Kindergarten, 14 Mädchen und 15 Jungen in der ersten Klasse. Max liest seine Rede zur Grundsteinlegung in fließendem Kisuaheli; diesmal wird für uns übersetzt, Rainer ins Englische, eine junge Schwester ins Deutsche. Johanna aus Mammolshain hält den Mammolshainer Stein hoch, den Grundstein mit dem Datum des Tages, ein Markstein für die Eingangstür mit polierter Oberfläche. Die Kapsel für die Grundsteinlegung enthält die Tageszeitung aus dem Taunus, den Sonntag, Maxens Rede und Münzen aus Deutschland und Tanzania. Alles wird ausgiebig allen erklärt und anhaltend beklatscht. Margarita singt eindrucksvoll das Ave Maria mit CD- Begleitung.



Dann folgt der Beitrag der Massai-Krieger, junge Männer dieses Stammes, die aus der Umgebung gekommen sind, um ihren Beitrag zum Fest zu leisten. Sie skandieren in einem speziellen Rhythmus (wie Vögel), wiegen sich auf den Füßen wippend und springen einzeln oder zu mehreren hoch hinaus. Je höher je besser scheint das Ziel zu sein. Sie sammeln symbolisch für die Schule und ermuntern die Gäste, auch etwas in den Korb zu legen. Ihr geschnitzter Stock tritt in Aktion, die Fußknöchel zieren Perlenreifen, ihre abenteuerlichen Sandalen aus Autoreifen haben eckige Sohlen. Ihre Tücher in den leuchtend roten Massaimustern und den blauroten Karos sind unterschiedlich um ihre sehr schlanken Körper geschlungen und drapiert. Einige haben die Ohrläppchen durchbohrt, ein Ritus mehr aus der Vergangenheit. Im Laufe des Lebens werden die Löcher immer größer gezogen, bis man zum Schluss den unteren Rand oben über die Ohrmuschel hängen kann. Ein junger Mann spricht Englisch und hat eine Schule besucht. Einer weist mich auf sein schönes großes Messer hin, das in einer Scheide aus rotem, der Lieblingsfarbe der Massai, Leder an seinem Gürtel hängt. Einer flirtet später mit Margarita und will sie auch heiraten. Alle arbeiten nicht und scheinen unendlich viel Zeit zu haben. Gegen Ende des Festes gruppieren sie sich dekorativ auf ihre Stöcke gelehnt malerisch unter einem Baum.

Das Fest nimmt seinen weiteren Verlauf. Vier Jugendliche tanzen zu einem Song, der sie als Zukunft des Landes Tanzania betont. Dann folgt ein Sketch über illegales Alkoholbrennen und seine Folgen und eine nicht gerade clevere Polizei.

Margarita und ich spielen ein Duett auf unseren Flöten, sicherlich fremdklingend für afrikanische Ohren, aber ein Beitrag zum kulturellen Austausch. Das Programm neigt sich dem Ende zu. Deshalb ziehen nun alle in die mit einem sicheren Dach versehene Kirche und versammeln sich unter den ungewöhnlich wilden Gerüsten. Die Massai als Gäste und die deutschen Gäste als besondere Gäste stehen zusammen mit den Säkularschwestern auf der schon betonierten Altarraumfläche, die niedlichen Kinder und ihre Verwandten verteilen sich zwischen den Gerüsten. Margarita singt, und jetzt kommt das Wunder von Himo: Das Playback für das Ombra maifu war verschwunden, auf der CD, weder beim Vor- noch beim Rückspiel mehr zu finden. Da singt Margarita in diesem Raum noch einmal das Ave Maria, wunderschön und ergreifend. Ist nun das Wunder von Himo, dass man besonders das Ave Maria hören wollte, oder ist das Wunder ihr klarer Gesang? Später jedenfalls taucht die gesuchte Musik wieder auf der CD auf! Als unsagbar wunderbaren Abschluss singen dann alle - jeweils in ihrer Muttersprache, ob Englisch oder Deutsch oder Kisuaheli, "Großer Gott, wir loben dich". Eindrucksvoller konnte ein Fest nicht enden. Noch letzte Fotos von den freundlichen Massai, ohne auf Heiratsversprechen einzugehen, und von den inzwischen auf unserem Schoss sitzenden entzückenden Kindern, und dann gibt es endlich etwas zu essen. Zuerst natürlich nur für uns, dann auch für alle anderen.

Die Schulkinder sind wieder in einem Klassenraum versammelt und singen uns alle englischen Lieder vor, die sie kennen. Die Lehrerin lässt sie englische Wörter buchstabieren. Kein Kind wird getadelt, alle antworteten fröhlich. Margarita spielt auf der Gitarre, und wir singen zusammen: Viva la musica! Musik verbindet eben und kann zu einer Verständigung führen, auch wenn die jeweiligen Sprachen nicht verstanden werden.

Das Lächeln auf den jungen Gesichtern, die Dankbarkeit der Eltern, die für uns und wir mit ihnen im Kreis stampfen, die ansteckende Fröhlichkeit der afrikanischen Menschen macht das Fest zu einem anrührenden Ereignis, dessen tiefer Eindruck unvergessen in der Erinnerung bleiben wird. Africa is magic and Tanzania is the magician!

Gudrun Becker- Schlünder